Botanic Bites bietet nachhaltigen Pilzgenuss

Mehr vegane Produkte und weniger Lebensmittelverschwendung – das sind zwei Ziele, die viele Food-Startups antreiben. Botanic Bites aus den Niederlanden mit der deutschen Gründerin Doreen Westphal bringt beides unter einen Hut. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Stiele eines beliebten Speisepilzes.

Ursprünglich stammt Doreen Westphal aus Ostdeutschland, wo sie eine Ausbildung als Schneiderin gemacht hat. In Nottingham hat sie dann Design studiert und ist später aus privaten Gründen nach Eindhoven in den Niederlanden gezogen. Dort hat sie unter anderem Taschen aus den Lederresten einer bulgarischen Schuhfabrik entworfen und verkauft. Nachhaltigkeit spielte schon hier eine wichtige Rolle, doch irgendwann fragte sie sich, ob sich ihre unternehmerische Energie nicht in einer anderen Branche noch sinnvoller einsetzen ließe.

Am Anfang stand eine Pilzfarm

Das bracht Doreen zum Thema Food. 2015 baute sie eine Pilzfarm in einem leerstehenden Bürogebäude in Eindhoven auf. Als Nährboden verwendete sie ein auf Kaffeesatz basierendes Substrat. Neun Pilzsorten hatte sie im Angebot, darunter einige ziemlich ausgefallene, die noch nicht im Massenmarkt angekommen waren. Ganz im Gegensatz zum Austern-Seitling, der einer der weltweit beliebtesten Speisepilze ist.

Doreen Westphal, Gründerin von Botanic Bites

Austern-Seitlinge haben einen weichen Fruchtkörper und vergleichsweise harte Stiele, die deshalb bei der Ernte übrigbleiben und bisher kaum Verwendung finden. Dabei sind sie geschmacklich und bezüglich des Nährstoffgehalts genauso zum Verzehr geeignet wie der restliche Pilz. Was also tun mit den Stielen? Doreen kam auf die Idee, aus ihnen vegane Fleischersatzprodukte zu kreieren, Burger Patties, Würstchen oder Kebab. Mit ihrer festen Konsistenz sorgen sie für den richtigen Biss und enthalten zugleich genug Wasser, um die Produkte nicht zu trocken werden zu lassen.

Geschmacklich haben die Pilze auch mehr zu bieten als beispielsweise Soja. Ganz ohne die Allzweck-Hülsenfrucht kommen die Rezepturen allerdings nicht, aus, das gilt erst recht für die Patties auf der Basis geretteter Tomaten, die ohne Soja zu wenig Festigkeit hätten. Einen ersten Auftritt hatte Doreen mit ihren veganen Kreationen während der Dutch Design Week 2016, in dem Jahr, in dem Botanic Bites offiziell gegründet wurde.

Erste Erfolge und der Corona-Rückschlag

In der Folgezeit konnte Botanic Bites eine Reihe von Preisen gewinnen und einmal sogar die längste pflanzliche Wurst der Welt servieren. Nach den Anfängen in der eigenen Küche gibt es auch längst eine Produktionsfirma, die die Herstellung größer Mengen in konstanter Qualität garantiert. An Rohmaterial wird es dabei nicht mangeln. Allein aus den Niederlanden lassen sich jährlich 300 Tonnen Pilzstiele organisieren und gezüchtet wird der Austern-Seitling überall in Europa.

Ein echter Meilenstein für Botanic Bites war sicherlich die Aufnahme ins Sortiment einer großen Supermarktkette anlässlich einer Aktionswoche im Jahr 2019. 2020 wurde die Aktion wiederholt. Der nächste große Schritt sollte in Richtung Gastronomie gehen. Die Gespräche mit einem Großhändler für diesen Bereich waren gut angelaufen, doch dann kam Corona. Auch in den Niederlanden bedeutete das immer wieder Beschränkungen für Restaurants, der Zugang zu diesem Kundenkreis blieb vorerst verwehrt.

Jetzt hat Botanic Bites den deutschen Markt im Visier

Selber kochen erlebte stattdessen einen Aufschwung und Botanic Bites reagierte darauf mit vier Fertiggerichten, jeweils mit den geretteten Pilzen im Mittelpunkt. Die verschiedenen Produkte des Startups verkaufen sich zurzeit vor allem über den Onlineshop, in Mahlzeitboxen und in einigen Supermärkten in den Niederlanden. Von dort ist es bekanntlich nicht weit bis nach Deutschland, und hier möchte Doreen jetzt auch Fuß fassen.

In ihrer alten Heimat sieht sie ein großes Potenzial für Botanic Bites. Die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten steigt und Handel und Gastronomie reagieren entsprechend. Die Geschichte mit der Kombination aus fleischloser Ernährung und der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung passt da in doppelter Hinsicht zum Trend.

Und die Mission ist mit der Rettung von Pilzen oder Tomaten noch nicht beendet. Auch bei der Verarbeitung von beispielsweise Zwiebeln und Rosenkohl bleiben Reste, die sich vorzüglich für Botanic Bites eignen können. Da wird „Gemüse ist mein Fleisch“ immer mehr zum zeigemäßen Motto.

Fotos: Botanic Bites

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