Food-Startups haben eine Leuchtturmfunktion!
Katharina Staudacher ist Co-Founderin von foodloose, einem Food Startup mit Sitz in Hamburg, das gesunde und leckere Müsliriegel und Snacks herstellt. Katharina mag es überhaupt nicht, wenn man Food-Startups als nicht innovativ genug bezeichnet. Das schließe sie von möglichen Fördertöpfen kategorisch aus, so die Gründerin. Aus diesem Grund hat sie nicht nur mit dem ersten Bürgermeister der Hansestadt Hamburg und der Bundestagsabgeordneten Renate Künast auf unserer FIC2019 Bühne offen darüber auseinandergesetzt, sondern ihm auch gleich noch einen offenen Brief im Namen zahlreicher Food-Startups der Hansestadt zukommen lassen. Wir wollten mehr zum Gründerinnenleben der Müsliproduzentin wissen und haben Sie um ein Interview gebeten.
Katharina, wie bist du eigentlich eine Food-Gründerin geworden?
Ich war in Berkeley, CA zu einem postgraduate Studium, nachdem ich schon mehrere Jahre für einen Konzern in Hamburg gearbeitet hatte. Für die Vorlesungen hatte ich immer selbst zusammen gemischtes Studentenfutter dabei – immer etwas exotisch und fern ab von langweiligen Mischungen aus Rosinen und Haselnüssen. Meine Kommilitonen haben meine Mischungen geliebt und alles weg gegessen. Einziger Nachteil war: Es hat immer etwas gekrümelt. Und so kam ich auf die Idee einen portionierten Snack zu kreiieren, der nur aus Nüssen, Früchten, Saaten und Gewürzen besteht. Alles andere als langweilig, natürlich in Bioqualität und ohne Füllstoffe, Aromen oder raffinierten Zucker.
Wie ist die Marke foodloose entstanden und was waren und sind die größten Herausforderungen dieses Produkts?
Ich habe mir noch in USA eine Gründerin gesucht die gesündere Müsliriegel auf den Markt gebracht hat. Mit Ihr habe ich einen Deal gemacht: Ich habe ihr einen Marketingplan geschrieben und sie hat mir im Gegenzug alles rund um das Thema „Gründen“ gezeigt. Das war super spannend und ich wusste nach kurzer Zeit: Das ist mein Traum, ich will auch eine Firma gründen! Gesagt, getan. Ich bin nach Deutschland zurück gegangen und habe kurze Zeit später meine Festanstellung gekündigt und foodloose gegründet. Der Name ist aus „Food“ und „Loose“ entstanden. Loose ist mein Mädchenname. Außerdem erinnert der Name an den Tanzfilm aus den 80ern „footloose“. Was so viel bedeutet wie „frei“ und „ungebunden“. Das passte sehr gut zu dem Schritt in die Selbstständigkeit. Herausforderungen gab es viele: von fehlendem Kapital, keiner passenden Produktionsstätte, händischer Produktion, keinem Vertrieb, usw…..
…und Verpackung! Du erzähltest mir mal, dass die richtige Verpackung eurem Team fast ein Jahr Zeit gekostet hat, was war der Grund dafür?
Verpackungsthemen sind extrem komplex und ich wusste zu Beginn auch einfach überhaupt nicht wie ich das Thema angehen sollte. Ich wollte unbedingt, dass die Produkte biozertifiziert sind. Das war aber schon die erste Herausforderung. Die Bio-Zertifizierung ist für große Unternehmen angelegt, sicherlich nicht für ein mini kleines Startup mit keinen Prozessen, Mitarbeitern und Critical Control Points. Das hat mich viel Zeit gekostet. Dann hat mich sehr viel Zeit gekostet die Auslobung auf der Verpackung richtig zu gestalten. Dank meiner Erfahrung in den USA wusste ich auch wie schnell einem eine falsche Information auf die Füße fallen kann. Daher habe ich unsere Auslobungen von Anfang an immer rechtlich teuer bezahlt. Aber auch die richtige Folie und die richtige Drucktechnik ist eine Wissenschaft für sich.
Dennoch hast du viele Herausforderungen gemeistert…ihr seid bereits im Handel gut gelistet, wie ist es euch gelungen, die Produkte zu platzieren?
Ich glaube es ist eine Kombination aus einem in erster Linie gut schmeckenden, schnelldrehenden Produkt zu einem guten Preis/Leistungsverhältnis, einer relevanten Marktsituation mit den Themen wie „bio“, „vegan“ und „free from“. Aber auch ein langer Atem, ein authentischer, sympathischer Vertrieb (macht meine Gründungspartnerin Verena grandios) und eine ehrliche Kommunikation mit den Einkäufern auf Augenhöhe gehören genauso dazu.
Du hast nach der Panel Diskussion bei uns auf dem Food Innovation Camp gemeinsam mit anderen Gründerinnen und Gründern einen offenen Brief an unseren Bürgermeister geschrieben, was hat dich dazu bewogen?
Ich fand die Paneldiskussion mit unserem Hamburger Bürgermeister und Renate Künast über die Zukunft der Lebensmittelindustrie und die Rolle der Startups für die Politik extrem spannend. Leider ging die Zeit viel zu schnell vorbei und ich konnte nicht alle wichtigen Punkte die die Food Startups Szene bewegt, los werden. Also habe ich gedacht, dass ich die Chance nutzen, und mit einem Brief mir mehr Gehör schaffen muss.
Was hat dir und der Food-Szene dieser Schritt dann gebracht?
Ich wurde von der Senatskanzlei für Wirtschaft und der Behörde für Innovation, Verkehr und Wirtschaft eingeladen über die Belange der Food Startup Szene zu diskutieren. Das war eine super spannende Diskussion und ich denke, sie hat viele Impulse in die richtige Richtung gegeben. Auch haben wir uns weiter untereinander vernetzt und sind gerade dabei einen größeren Austausch zwischen etablierten Unternehmen und den Startups aufzusetzen.
In erster Linie ärgert es mich und auch die meisten anderen Food Gründer, dass wir immer als nicht innovativ bezeichnet werden.
Katharina Staucher
Welchen Herausforderungen müssen sich Foodies generell stellen?
Da gibt es sehr viele. In erster Linie ärgert es mich und auch die meisten anderen Food Gründer, dass wir immer als nicht innovativ bezeichnet werden. Tech Startups und Medien Startups werden wesentlich sichtbarer gemacht und bekommen von der Stadt Hamburg ganz andere Fördergelder als die Food Startups. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Food Startups extrem wichtig sind wenn es darum geht die Zukunft der Lebensmittelbranche zu gestalten. Sie haben eine Leuchtturmfunktion und versuchen zu 99% irgendetwas besser zu machen, pflanzliche Proteine einzusetzen, nur natürliche Rohstoffe zu nutzen, bio, vegan oder auch lokale Produkte mit herkömmlichen Industrieprodukten zu ersetzen. Das ist extrem wichtig für die Zukunft unserer Ernährung.
Food Gründer kommen selten aus dem kaufmännischen oder Lebensmittelbereich sondern hatten vorher eher kreative Jobs in Agenturen. Wie erklärst du diese Besonderheit?
Food Gründer wird man meistens aus einer Überzeugung heraus, dass man etwas besser machen möchte. Man sieht einen „Need“ im Food Bereich und versucht den mit „guten“ Produkten zu erfüllen. Im Zweifel ist man als Food Gründer auch recht idealistisch. Außerdem ist es sicherlich für viele Kreative ein Traum ein eigenes Produkt in den Händen zu halten und mit diesem Tag täglich zu arbeiten.
Ist es einfach als Food Gründer an Investoren zu kommen?
Die Frage kann ich nicht so wirklich kompetent beantworten da wir noch nie auf der Suche nach Investoren gewesen sind. Wir sind rein organisch gewachsen und haben eine Zeitlang eine KFW Förderung in Anspruch genommen. Von anderen Food Gründern höre ich aber, dass es nicht einfach ist. Ein Grund ist sicherlich auch, dass private Investoren, die in junge Startups investieren, einen Steuervorteil und auch einen Exitzuschuss vom Bund bekommen (INVEST Program). Das gilt allerdings nur für nachweislich innovative Startups. Wie schon oben angemerkt, werden Food Startups in der Regel als nicht innovativ genug betrachtet, so dass es deutlich schwerer ist an Anfangskapital zu gelangen.
Woran fehlt es Food Gründerinnen und Gründern oft?
Kapital; Kenntnis von rechtlichen Themen wie Lebensmittelkennzeichnung und Lieferverträge; zuverlässige Produktionspartner, Verständnis von der komplexen Vertriebsstruktur des Lebensmitteleinzelhandels und einen kapitalintensiven Vertrieb.
Was sind als Food Startup eure nächsten Schritte?
Unser Sortiment zu erweitern, ins europäische Ausland zu expandieren, unsere internen Prozesse zu professionalisieren und unsere Marke bekannter zu machen!
Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr zum kommenden Food Innovation Camp erfahrt ihr hier.