LEH oder eCommerce – So machen Food-Startups es richtig
eCommerce vs. LEH lautete der kämpferische Titel eines digitalen Kamingesprächs im Rahmen beim FIC Select 2021. Dabei kamen Jochen Vogel von der REWE Nord und Insa Horsch vom Growth Dock zu dem Ergebnis: Wer wirklich gewinnen will, setzt auf beide Vertriebswege. Wie das gelingen kann, erfahrt ihr in einem Video und in einer Zusammenfassung in diesem Beitrag!
Schaut hier das Video zum Thema eCommerce vs. LEH!
Mehr als 50 % aller Deutschen haben um vergangenen Jahr Lebensmittel im Internet bestellt, mindestens 25 % wollen das auch weiterhin tun. Der Trend, verstärkt noch durch die Corona-Krise, ist also deutlich. Andererseits dominieren die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) immer noch deutlich die Branche. Worauf sollten also gerade Startups setzen, die sich auf einem hart umkämpften Markt etablieren wollen? Darüber hat sich Insa Horsch, Geschäftsführerin des Growth Dock, mit Jochen Vogel aus der Geschäftsleitung der REWE Nord unterhalten.
eCommerce und LEH ergänzen sich
Von Beginn an wird klar: Beide Vertriebskanäle sind und bleiben relevant und ergänzen sich im Idealfall sogar prächtig. Bei Vorratskäufen größerer Mengen von bereits bekannten und bewährten Produkten hat sicherlich eCommerce seine Vorteile. Wenn es um das alle Sinne ansprechende Einkaufserlebnis, um Frische und Neuentdeckungen geht, wird der stationäre Handel auch in 50 bis 100 Jahren seine Vorteile haben. Davon ist Jochen Vogel überzeugt.
Wie der Supermarkt der Zukunft aussehen könnte, testet REWE gerade in Wiesbaden-Erbenheim. REWE Green Farming nennt sich das Projekt. Die Musterfiliale führt rund 1.800 lokale Produkte und ist auch noch Produktionsstätte. Auf dem Dach wächst nämlich Basilikum. Als Dünger fungieren die Hinterlassenschaften von Barschen, die ebenfalls vor Ort gezüchtet werden. Aquaponik nennt sich diese Art der Kreislaufwirtschaft.
Unterschiedliches Konsumverhalten in Stadt und Land
Nachhaltigkeit ist überall ein Thema und das schlägt sich auch beim Angebot in den Märkten nieder. Vegane Alternativen zu Fleisch- und Milchprodukten zum Beispiel sind mächtig im Kommen, allerdings gibt es da große Unterschiede zwischen Stadt und Land. Von der Hafermilch einer bekannten Marke lassen sich in einer Großstadt locker 100 Stück pro Markt und Woche verkaufen, auf dem Land sind es eher 10. Jochen Vogel schätzt, dass Städte mit einer Einwohnerzahl von mindestens 200.000 als Testmärkte für solche Produkte geeignet seien, wenn es viele Studierende gibt, auch weniger.
Bevor Startups überhaupt in den LEH einsteigen, sollten sie sich genau überlegen, was sie eigentlich wollen. Für manche sehr nischige Produkte und Zielgruppen kann die Konzentration auf eCommerce durchaus die Dauerlösung sein. In jedem Fall empfiehlt es sich, seine ersten Schritte im Onlinegeschäft zu versuchen. Ist dort die Resonanz positiv, sollte man sich an einen einzelnen Supermarkt wenden. Viele Kaufleute können zumindest über Teile des Sortiments selbst bestimmen und geben vielversprechenden Innovationen gern mal eine Chance. Stellt sich auch hier der Erfolg ein, kann sich eine breiter gestreute Listung ergeben.
Gesucht: ein Startup, das die Tiefkühl-Logistik revolutioniert!
In diesem Jahr sind Startups wie Gorillas und Flink groß geworden, die Lieferungen innerhalb von zehn Minuten versprechen. Sie machen allerdings alle noch Verluste und Jochen Vogel erklärt, dass sich momentan nur der Abholservice rechnen würde. Als Kundenbindungsinstrument seien Lieferdienste aber wichtig. Besonders schwierig wird es bei frischen und vor allem gekühlten Produkten, die im LEH stetig steigende Umsatzanteile erzielen. Wenn da ein Startup eine Lösung für Tiefkühl-Logistik oder die digitale Wursttheke hätte, würde es sich vor Investoren wohl kaum retten können. Also, liebe Gründerinnen und Gründer, lasst euch da was einfallen!