Kampagne für gesetzliche CO2-Kennzeichnung von Lebensmitteln geht in heiße Phase
Der persönliche CO2-Fußabdruck wird immer mehr zum wichtigen Kriterium für Konsumentscheidungen, auch bei Lebensmitteln. Bisher fehlt dafür aber eine einheitliche Kennzeichnung. Eine Reihe von namhaften Food-Unternehmen hat dazu eine Petition initiiert, über die bald öffentlich debattiert wird. Eine aktuelle Kampagne soll dem Anliegen noch mehr Aufmerksamkeit verschaffen.
Am 12. November 2019 war es geschafft. Kurz vor Ablauf der Frist hatte eine Petition zur gesetzlichen CO2-Kennzeichnung von Lebensmitteln die Marke von 50.000 Unterschriften erreicht. Schließlich wurden es sogar 57.067. Gestartet hatte die Initiative das aus Schweden stammende Food-Unternehmen Oatly, das mit Milchersatzprodukten aus Hafer international erfolgreich ist. Am 14. September wird nun darüber öffentlich im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages debattiert. Für die in der Petition formulierte Forderung erhält Oatly offizielle Unterstützung von anderen bekannten Lebensmittelherstellern.
Die von Oatly gestartete Initiative hat prominente Untersützung
Auch die Unternehmen Freche Freunde, fritz-kola, FRoSTA, mymuesli, Rügenwalder Mühle und Veganz setzen sich dafür ein, dass Verbraucher in Zukunft auf einen Blick von der Produktpackung ablesen können, wie klimafreundlich ein Lebensmittel ist. Unabhängig davon gab der Lebensmittelgigant Unilever gab kürzlich bekannt, demnächst über 70.000 Produkte mit dem jeweiligen Klima-Fußabdruck zu kennzeichnen.
„Mit einem geeigneten Standard, der den Klima-Fußabdruck vergleichbar für alle umsetzbar macht, könnte Deutschland zum Vorreiter werden und weltweit ein wichtiges Zeichen für nachhaltigen Wandel setzen. Wir möchten mit der Initiative zeigen, dass der Klimaschutz gerade auch die kleinen, alltäglichen Konsumentscheidungen umfasst und eine Aufgabe ist, die uns alle betrifft“, erklärt Tobias Goj, General Manager Oatly DACH.
Die CO2-Kampagne nimmt noch Teilnehmer auf
Die neu geformte Initiative zeigt Flagge mit einer breit aufgestellten Kampagne, zu der auch Großplakate gehören. Seit dem 1. August signalisiert jedes der Partnerunternehmen mit dem Slogan „Hey Bundestag! Lass uns reden“ die Gesprächsbereitschaft in Richtung Politik sowie das gemeinsame Interesse an einem nachhaltigen Wandel der Lebensmittelindustrie. Alle Kampagnenteilnehmer haben das Thema auf der Agenda oder schon umgesetzt. Auf der Kampagnenwebseite www.BundestagsAnhörung.de können sich auch weitere Unternehmen melden, die gern Teil der Initiative werden möchten oder sich für das Thema interessieren.
Um für mehr Transparenz und einen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit zu sorgen, braucht es einen umsetzbaren, vereinheitlichten und kontrollierbaren Standard. Michael Hähnel, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Rügenwalder Mühle, erklärt dazu: „Bei der Berechnung des CO2-Fußabdrucks orientieren sich Lebensmittelhersteller derzeit an mehreren genormten Verfahren und Methoden, die möglichst alle Abschnitte des Produktlebenszyklus berücksichtigen. Da allerdings für die Entsorgung beim Verbraucher keine validen Daten zur Verfügung stehen, wird sich bei der Berechnung des CO2-Fußabdruckes auf die Prozesse der Rohstoffgewinnung bis zum Konsum beim Endverbraucher bezogen. Wie eine einheitliche und transparente Berechnungsgrundlage im Sinne der Verbraucher gesetzlich geregelt wird, ist aber auch Teil der Petitionsinitiative.“
Das weitere Vorgehen der Rügenwalder Mühle fasst Hähnel so zusammen: „Wir bevorzugen eine einheitliche, gesetzliche Regelung im Sinne der Verbraucher und beobachten gemeinsam mit unseren Partnern den Fortschritt der Petition. Ob wir eine Kennzeichnung einführen, sollte die Initiative scheitern, müssen wir zu gegebenem Zeitpunkt prüfen.“
Eaternity bietet eine mögliche Lösung, die Veganz bereits nutzt
Einen möglichen Standard für die Kennzeichnung der Klimafreundlichkeit bietet die Schweizer Organisation Eaternity. Sie weist gleich vier Nachhaltigkeitskriterien aus: „Climate“, „Water“, „Animal welfare“ und „Rainforest“. Vergeben werden jeweils ein bis drei Sterne, je nachdem, ob ein Wert unter, auf oder über dem Durchschnitt liegt. Verglichen werden dabei sämtliche Lebensmittel, also tatsächlich Apfel mit Birnen und auch mit einem Rindersteak. Ein entscheidender Faktor ist zum Beispiel der Energieertrag für den Körper im Verhältnis zum Energieverbrauch bei der Produktion.
Eaternity verfügt über eine riesige Datenbank, basierend auf über 3.000 Studien, die einen CO2-Fußabruck mit einer Sicherheit von 90 % für jedes Nahrungsmittel berechnen können. Über die App von Codecheck soll ab September der Eaternity-Score für alle Lebensmittel abrufbar sein. Auf den allen Produkten von Veganz ist er schon jetzt zu finden. Veganz-Gründer Jan Bredack sieht darin nicht nur einen Service für die Kunden, das Unternehmen richtet danach auch seine Produktion aus.
Auch Unternehmen bietet eine Kennzeichnung Entscheidungshilfe
„Tomaten kommen häufig aus Regionen mit Wasserknappheit oder aus energieintensiven Gewächshäusern. Wir haben deshalb einen Lieferanten gesucht, der in einem wasserreichen Gebiet ansässig ist und seinen Energieverbrauch bei der Produktion niedrig hält. Fündig geworden sind wir in Italien“, nennt Bredack ein Beispiel. Auch beim Anbau von Cashewnüssen spielt der Wasserverbrauch eine wichtige Rolle. Veganz hat deshalb in Indien eine Anlage zur Meerwasserentsalzung finanziert und dadurch seinen Score verbessert.
Da der Vergleich über die gesamte Bandbreite an Lebensmitteln erfolgt, gibt es auch bei Veganz Produkte mit nur einem Stern, weil ihre Herstellung noch bei sorgfältigster Einhaltung aller möglichen Nachhaltigkeitskriterien überdurchschnittlich viel Energie oder Wasser verbraucht. Welche Konsequenzen sie daraus ziehen, entscheiden die Verbraucherinnen und Verbraucher am Ende immer noch selbst. Die Forderung an die Politik lautet nur, ihnen eine einheitliche Entscheidungshilfe an die Hand zu geben. Laut Umfragen wünscht sich eine Mehrheit genau das.
Beitragsbild: Motive der aktuellen Kampagne zur Petition