Innocent Meat möchte den Fleischmarkt revolutionieren
Nicht nur das Silicon Valley oder Israel, sondern auch Rostock an der beschaulichen Ostseeküste ist gerade Schauplatz einer Entwicklung, die unseren Fleischkonsum revolutionieren könnte. Das Startup Innocent Meat ist dabei, Clean Meat genanntes Fleisch zu entwickeln, das aus Tierzellen im Labor gezüchtet wird. Co-Founderin Laura Gertenbach spricht mit uns darüber, wie unschuldig Innocent Meat wirklich ist und welchen Weg sie schon mit ihrer Vision gegangen ist.
Danke, dass du dir Zeit für das Interview genommen hast! Stell dich doch erstmal gern vor.
Sehr gerne! Ich bin Laura Gertenbach, 36 Jahre alt und komme aus Rostock. Ich hatte schon früh Berührungspunkt zur Landwirtschaft, da meine Eltern in diesem Bereich tätig sind. Daher kommt vermutlich auch meine Liebe zu gutem Essen und vor allem für gutes Fleisch. Dank meines BWL- und IT-Studiums hatte ich die Grundlage, diese Leidenschaft zu meinem Beruf zu machen und unter anderem die Startups Oberlecker und Innocent Meat mitzugründen.
Bevor du mit Innocent Meat gestartet hast, hattest du das Startup Oberlecker gegründet, dass sehr hochwertiges organisches Fleisch verkauft. Nun stellst du Clean Meat her. Wie kam dieser Sprung zustande?
Aus meiner Sicht war es kein Sprung. Es geht in beiden Fällen in erster Linie um Nachhaltigkeit. Oberlecker bedient eine Nische und wird auch weiterhin eine bleiben. Wir müssen die Fleischliebhaber schon direkt adressieren, um nachhaltig etwas bewegen zu können. Gerade deswegen ist Celluar Agriculture eine gute Möglichkeit, damit sich die Landwirtschaft weiter entwickeln kann. Die Flächen in der EU sind knapp und die Nachfrage aus dem Ausland nach Fleisch wächst mit dem globalen Wachstum der Bevölkerung. Unter diesen Gesichtspunkten ist es wichtig, dass der Landwirt Klimaschutz betreibt und erwerbbare sowie sichere Lebensmittel herstellt. Clean Meat, das Innocent Meat entwickelt, ist auch organisches Fleisch – bloß smarter produziert.
Ihr folgt, laut eurer Webseite, der Aussage der Wissenschaftler, dass Fleisch, wie es heutzutage hergestellt wird, keine Zukunft haben wird. Erläutere diese Aussage doch bitte mal näher.
Die Vorteile von Clean Meat sind eindeutig und nicht von der Hand zu weisen. Zum Beispiel benötigt man weniger Fläche: Ein Inkubator braucht im Gegensatz zu einer Viehherde nur 6qm Stellfläche. Außerdem werden deutlich weniger Ressourcen zur Herstellung von 1kg Fleisch benötigt und der Ausstoß klimaschädlicher Gase wird gesenkt. Auch für die Gesundheit des Menschen bietet das Clean Meat einen Vorteil. Nährwerte wie zum Beispiel Fettmuster können gesteuert werden. Das ist in der jetzigen Viehzucht sehr kompliziert bzw. fast unmöglich.
Wie werdet ihr euer Clean Meat herstellen?
Zunächst werden dem ausgewählten Tier, in unserem Fall dem Rind, Muskelfasern entnommen. Aus diesen werden im nächsten Schritt die Stammzellen isoliert und mit einem pflanzlichen Serum auf einer Petrischale zusammengefügt. Dieses Serum ist essentiell für das Wachstum des Fleisches. Unter den richtigen Bedingungen entwickelt nach einiger Zeit aus diesen Bestandteilen neues Muskelgewebe, also Fleisch. Durch den letzten Schritt wird aus diesem die gewünschte Form des Clean Meats hergestellt.
Als erstes deutsches Startup im Bereich Clean Meat kamen sicherlich einige Hürden auf euch zu. Welche sind das und wie plant Ihr sie zu überwinden?
Eine der größten Hürden ist die Finanzierung. Es ist sehr schwer in Europa, für eine fixe Idee eine Finanzierung in dieser Größenordnung zu bekommen. Vor allem, wenn man noch kein technisches Konzept vorweisen kann. Aus diesem Grund haben wir auf vorhandenes Feedback aufgebaut und unser technisches Konzept für den Fertigungsprozess ausgearbeitet. Jetzt stehen wir in den Startlöchern.
Innocent Meat betont, dass es die Bauern miteinbeziehen möchte, damit diese keinen zu großen Nachteil erleiden. Wie wollt ihr dies umsetzen?
Wir benötigen für das Zellnährmedium pflanzliche Inhaltsstoffe. Diese Ressourcen müssen im großen Stil angebaut werden und ein Landwirt ist auch ein Geschäftsmann, der das anbaut, wonach Nachfrage herrscht. Jedoch ist natürlich zu bedenken, dass die Inhaltsstoffe wahrscheinlich im weiteren Verlauf durch Fermentation erzeugt werden und man somit nicht zwangsläufig vom Ackerbau abhängig ist.
Momentan seid ihr ja auf der Suche nach Investoren. Wie viel Erfolg hattet ihr schon und was ist mit dem Geld geplant?
Wir haben im Moment einige Interessenten und führen auch schon gute Gespräche. Um unser Netzwerk weiter auszubauen, sind wie aber weiterhin offen. Durch die finanziellen Mittel wollen wir experimentell die Machbarkeit unseres Fertigungsprozesses nachweisen.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg!
Beitragsbild: Laura Gertenbach bei der Farm & Food 4.0 im Januar in Berlin.
Trefft Laura beim Food Camp
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