Mit Bürgeraktien regionale Landwirtschaft nachhaltig unterstützen

Die Regionalwert AG Hamburg gibt aktuell wieder Bürgeraktien aus, um die regionale Lebensmittel- und Landwirtschaft zu stärken. Aber was genau sind Bürgeraktien und wer wird dadurch unterstützt? Wir geben einen Überblick über das Finanzierungskonzept und hatten außerdem die Möglichkeit, dem Vorstand Ulf Schönheim einige Fragen zu stellen.

Was ist die Regionalwert AG Hamburg?

Die Regionalwert AG Hamburg wurde 2014 von 45 Bürgern, Bürgerinnen und Organisationen gegründet. Darunter auch Unternehmen und natürlich zahlreiche Landwirte. Als Vorbild für diesen Zusammenschluss diente die Regionalwert AG Freiburg, die bereits seit 2006 besteht. Die Regionalwert AG ist eine Bürger-Aktiengesellschaft, aber nicht börsennotiert.

Unter der Prämisse, verantwortungsvolle und enkeltaugliche Landwirtschaft zu betreiben und in diese zu investieren, kommen in der Regionalwert AG Hamburg Bürger, Landwirte, Lebensmittelhandwerker, Gastronomen und Händler zu einem Netzwerk zusammen. Von dem Netzwerk profitieren alle Mitglieder maßgeblich. Ganz besonders durch die Bürgeraktie. Diese sind aktuell noch bis zum 28. Februar erhältlich und kosten je Stück 600 Euro. Nach aktuellem Stand sind noch 21% der neuen Aktien verfügbar.

Die Bürgeraktie dient als Grundbaustein der Regionalwert-Idee. Diese basiert auf dem Vorhaben, Bürgerinnen und Bürger direkter in die regionale Landwirtschaft einzubeziehen und für diese Verantwortung zu übernehmen. Durch den Kauf einer oder mehreren Aktien können sie in zukunftsorientierte Landwirtschaft investieren, junge Bio-Bauern unterstützen und schlussendlich die Qualität von Produkten aus der Region sicherstellen.

Tobias Carstens von Carstens Highlands auf der Weide

Was ist eine Bürgeraktie?

Die Regionalwert AG Hamburg gibt regelmäßig Aktien aus. Das Geld investiert sie dann in kleine Betriebe. Egal ob Bauernhof, Lebensmittelverarbeiter, Händler oder Gastronom, die ganze Wertschöpfungskette wird abgedeckt. Die AG nennt diesen Ansatz selbst „vom Acker bis zum Teller“. Alle Betriebe, die Teil des Netzwerks sind, verpflichten sich zu sozialen und ökologischen Standards und dazu, sich untereinander möglichst viele Produkte abzunehmen, um sich so gegenseitig zu unterstützen.

Das Vorgehen ist ein Zusammenspiel mehrerer Teile. Die Bürgerinnen und Bürger der Region kaufen Aktien direkt bei der Regionalwert AG Hamburg. Mit dem Geld beteiligt sich die AG dann durch Eigenkapital an Betrieben. Dadurch wird deren finanzielle Grundlage gestärkt, es können Nachfolger gefunden oder neue Betriebe gegründet werden. So haben die Betriebe auch die Möglichkeit, sich gegenseitig ihre Erträge zu vernünftige Preisen anzubieten und müssen keine Konkurrenz unterbieten.

Ein Ackerbauer kann zum Beispiel seine Gerste an eine Brauerei im Netzwerk verkaufen, die wiederum das Bier an eine Partner-Gaststätte gibt. Der Brautreber wird dann als Kraftfutter an einen Milchviehbetrieb abgegeben. Die Milch wird später zu Käse und Joghurt verarbeitet, welchen die Bürger im Hofladen kaufen können. Den Mist der Kühe kann der Ackerbauer später auf dem Feld als Dünger einsetzten.

Es ergibt sich ein natürlicher Kreislauf, in dem die Beteiligten vom gemeinsamen Erfolg profitieren. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem die Meierei Horst aus Holstein, die Hobenköök im Hamburger Oberhafen und der Zusammenschluss De Öko Melkburen.

Mit Bürgeraktien werden auch junge Bio-Bauern unterstützt.

Wir hatten die Möglichkeit dem Vorstand Ulf Schönheim einige Fragen zur Bürgeraktie und der Regionalwert AG Hamburg zu stellen.

Wie gut werden die Bürgeraktien angenommen?

Mit norddeutschem Understatement? Wir sind zufrieden. Gerade läuft ja unsere sechste Aktienausgabe. Mit den neuen Aktionärinnen und Aktionären tragen dann schon mehr als 1.600 Bürgerinnen, Bürger, Organisationen und Unternehmen die Regionalwert AG Hamburg – und sind damit Miteigentümer unseres Netzwerks. 

Hat die Pandemie dazu geführt, dass eher mehr oder weniger Bürger und Bürgerinnen Interesse zeigen?

Unterschiedlich. Wir hatten zwar hier und da mal eine Absage von Leuten, die sich Bürgeraktien reserviert hatten, aber die Aktienanzahl, die im Durchschnitt gezeichnet wird, ist derzeit höher als sonst. Sie liegt aktuell bei gut sechs Aktien. Ich vermute, das liegt an zwei Dingen: Einerseits haben viele Menschen während der Pandemie weniger Geld für Urlaube, Kultur und Freizeit ausgegeben. Andererseits wird das Geld ja nicht gerade mehr, wenn man es auf der Bank lässt. Bei uns gibt es dafür eine ökologische und soziale Rendite. Oder anders gesagt: regionale Karma-Punkte.

Auf welche Investitionen aus dem letzten Jahr sind Sie in der Region Hamburg besonders stolz?

Auf alle natürlich! Aber wenn ich welche herauspicken müsste: Auf Carstens Highlands, das ist ein Hof mit sehr viel Engagement für den Naturschutz durch extensive Weidehaltung. Auf die Hofnachfolger vom Waldhof Zydek, dort haben wir bereits zweimal investiert – und sie beliefern immer mehr andere Regionalwert-Partner. Auf die Ladys vom Monger Store & Deli in Hoheluft, die machen auch einen richtig tollen Job. Und natürlich auf die Hobenköök im Oberhafen. Dort gibt es sehr viele Produkte von Regionalwert-Partnern zu kaufen und auf den Teller.

Was sind die langfristigen Ziele der Regionalwert AG Hamburg?

Wir wollen unser Netzwerk und die regionale, nachhaltige Wertschöpfungskette vom Acker bis zum Teller weiter verdichten. Dafür haben wir eine Förderung aus Bundesmitteln bekommen. Eine junge Kollegin kümmert sich jetzt darum zu gucken: Wo sind welche Lücken? Brauchen wir einen Produkt-Hub in Hamburg, einen gemüseverarbeitenden Betrieb, eine Verarbeitungsküche? Gibt es Betriebe, die das schon machen, und können wir sie einbinden? Oder müssen wir selbst nach Gründerinnen und Gründern suchen? Das wird spannend!

Ein gedeckter Tisch in der Hobenköök, einem Restaurant mit Markthalle

Beitragsbild: Highlands von Carstens Highlands (Fotos: Regionalwert AG Hamburg, Uta Gleiser Photography)