food21 bekämpft Lebensmittelverschwendung mit künstlicher Intelligenz
Lebensmittelverschwendung hat viele Ursachen. Eine davon ist eine fehlerhafte Bedarfsplanung, sowohl bei der Herstellung als auch im Handel. Mit künstlicher Intelligenz (KI) ließe sich die zu erwartende Nachfrage nach bestimmten Produkten ziemlich genau vorhersagen. Diesen Weg verfolgt zumindest das Startup food21 aus Kayhude in Schleswig-Holstein und hat in ersten Tests bei einer Bäckerei auch schon überzeugende Ergebnisse aufzuweisen.
Seit Generationen gehört der Familie von Friedrich Rantzau ein landwirtschaftlicher Betrieb. Da war es nahliegend, dass er sich für ein Studium der Agrarwissenschaften entschied. Anschließend machte er allerdings eine beeindruckende, über 30 Jahre andauernde Bankkarriere, mit Stationen im asiatisch-pazifischen Raum und in Polen, bei der Deutschen Bank und der DZ Bank. Für den Finanzdienstleister Rabo Farm hat er als CEO Agrar-Investmentfonds gemanagt und war damit schon ein Stück weit zu seinen Wurzeln zurückgekehrt.
Die Idee: eine technologische Lösung gegen Lebensmittverschwendung
Es folgte die Gründung einer Beratungsagentur mit einem alten Studienfreund, Dr. Ulrich Zillekens, der unter anderem durch seine Arbeit bei Bayer Crop Science ebenfalls landwirtschaftliche Expertise mitbrachte. Der Name der Agentur, sustainnovation, machte schon deutlich, worum es ihnen dabei hauptsächlich ging: die Kombination aus Nachhaltigkeit und Innovation. Fast zwangsläufig ergab sich daraus auch die Suche nach einer Antwort auf die Frage, wie sich das Problem der Lebensmittelverschwendung technologisch lösen ließe.
So entstand schließlich 2020 das Startup food21. Als Mitgründer dabei waren Nils Offer, Geschäftsführer der IT-Firma id-netsolutions, und Jan Pimanow, Experte für Change Management. Sie sind beide als Gesellschafter dem Startup weiterhin verbunden, das operative Geschäft verantwortet Friedrich Rantzau momentan allerdings allein.
Ein erster wichtiger Schritt für die Entwicklung von food49 war die Teilnahme am Lübecker Accelerator GATEWAY49. Hilfreicher noch als die Finanzspritze von 30.000 Euro war der Zugriff auf ein großes Netzwerk. Für eine Software, deren Nutzen davon abhängt, mit möglichst vielen Daten gefüttert zu werden, sind Tests von entscheidender Bedeutung. Momentan greift das Startup dabei auf Daten aus dem Warenwirtschaftssystem eines Unternehmens zu, idealerweise aus den letzten drei Jahren oder mehr.
Ein Test mit einer Bäckereikette führte zu 40 % weniger Überschuss
Später sollen dann auch externe Informationen dazukommen. Dazu gehören saisonale Faktoren, besondere Ereignisse, die das Kaufverhalten beeinflussen, oder sogar der tagesaktuelle Wetterbericht. Bei einem fünfwöchigen Probelauf mit einer Bäckereikette konnte aber auch so der Überschuss schon um 40 % reduziert werden. Dabei wurde deutlich, dass es nicht den einen großen Planungsfehler gab, sondern kleinere Optimierung an vielen Stellen möglich sind, die einen großen Unterschied machen.
Wie eingangs angedeutet, hat Lebensmittelüberproduktion und damit Lebensmittelverschwendung viele Ursachen. Es beginnt schon in der Landwirtschaft, die bei der Planung allerdings ganz andere Herausforderungen zu meistern hat als der Handel und daher nicht Zielgruppe von food21 ist. Auch die Konsumenten lassen sich naturgemäß in ihrem Verhalten nicht über eine Software steuern, aber möglicherweise für das Thema sensibilisieren durch ein Siegel, das ein nachhaltig planendes Unternehmen auszeichnet.
Das eignet sich in erster Linie für den Handel, denn hier fallen die letztgültigen Entscheidungen, welche Waren in welcher Menge auf den Markt kommen. Bei Unternehmen wie Bäckereien sind Produktion und Verkauf eng miteinander verknüpft, weshalb hier eine koordinierte Planung leichter fällt. Ansonsten reagieren Lebensmittelproduzenten in der Regel auf Bestellungen von beispielsweise Supermarktketten. Diese erfolgen zuweilen recht kurzfristig und sind auch aufgrund der zunehmenden Produktdifferenzierung schwer genau vorhersehbar.
food21 kann vor allem dem Handel helfen
Der Handel ist also der Bereich, in dem food21 mit seiner künstlichsten Intelligenz Fehlplanungen und damit Verschwendung am effektivsten vermeiden könnte. Gleichzeitig ist er mit seiner komplexen Filialstruktur auch am schwierigsten zu erreichen. Deshalb lautet die Antwort auf die Frage, was für die Entwicklung des Startups am wichtigsten sei, auch nicht „Geld“, wie es sonst üblich ist.
Am meisten gesucht sind vielmehr Kunden für weitere Projekte. Neben Referenzen sorgen diese auch für mehr Daten, die zur Verbesserung der KI dienen. Dazu tragen selbstverständlich auch IT-Fachkräfte bei. Bisher kümmert sich id-netsolutions um die Softwareentwicklung. In Zukunft möchte das food21 selbst übernehmen. Der Aufbau eines eigenen Teams, auch für Aufgaben wie Vertrieb und Marketing, ist also ein weiteres Hauptziel.
Des Weiteren bietet sich die Kooperation mit Startups an, die einen ähnlichen Ansatz wie food21 haben. Gerade bei einem so emotionalen Thema wie Lebensmittelverschwendung überwiegen gemeinsame Ideale das Konkurrenzdenken. Natürlich lässt sich die Methodik von food21 auch auf andere Bereiche und Branchen übertragen. Besonders naheliegend ist das zum Beispiel bei Caterern und Großküchen und daher auch gewünscht. Auch Gespräche mit dem in der Medizintechnik führenden Unternehmen Dräger gab es schon.
Vorerst bleibt der Fokus aber klar auf dem Foodbereich und verlagert sich nicht etwa auf die Modebranche, die vor ähnlichen Herausforderungen steht. Zusätzliche Impulse könnte die neue Bundesregierung geben, wenn sie das Thema Lebensmittelverschwendung in Angriff nimmt. Dazu gibt es im Koalitionsvertrag konkrete Vorgaben, bei deren Erfüllung ein Strtup wie food21 wertvolle Hilfe leisten kann.
Beitragsbild: Pixabay