Vegan Zeastar erfindet den Fisch neu
Seit sechs Generationen betreibt das niederländische Unternehmen Sterk Seafood bereits den Handel mit Produkten aus der Fischerei. Dass dabei nicht nur die Tradition großgeschrieben wird, beweist die Marke Vegan Zeastar, die vegane Alternativen zu Lachs, Shrimps und vielem mehr anbietet.
Die Idee: Fischnachfolgeprodukte
Lemmer ist ein idyllisches Städtchen am Rande des IJsselmeers im niederländischen Teil Frieslands. Heute ein wichtiger Wassersportort mit einem hübschen Strand, war Lemmer in 19. Jahrhundert ein bedeutender Fischereihafen. 1882 entstand dort das Unternehmen, welches unter dem Namen Sterk Seafood bis heute erfolgreich im Geschäft mit Fisch in vielen Variationen ist. Seit ein paar Jahren auch mit einem Angebot, das Laurens Sterk als „Fischnachfolgeprodukte“ bezeichnet. Laurens ist einer von drei Brüdern, welche die sechste Generation an der Spitze des Unternehmens bilden.
Die siebte Generation ist auch schon auf der Welt. Für Laurens ist das eines der Motive neue, vegane Wege zu gehen. Als Vorbild diente ihm das ebenfalls aus den Niederlanden stammende Unternehmen THE VEGETARIAN BUTCHER. Dessen Gründer Jaap Korteweg ist Landwirt, sogar schon in der neunten Generation, bei dem ein Ausbruch der Schweinepest dazu führte, die heutige Form der Fleischproduktion in Frage zu stellen. Er wurde zum Vegetarier und entwickelte eine Fleischalternative, die seinen Vorstellungen von Geschmack und Konsistenz entsprach. Offensichtlich nicht nur seinen, denn THE VEGETARIAN BUTCHER wurde zum internationalen Erfolg und gehört heute zum Konzern Unilever.
Beim ersten Auftritt verblüfft Vegan Zeastar Lachsexperten
Einen ähnlichen Weg, zumindest was den Erfolg betrifft, möchte Laurens mit seiner Marke Vegan Zeastar gehen. Erste Versuche unternahm er 2018. Als Zielgruppe hatte er junge Leute im Visier, die Food-Innovationen gegenüber aufgeschlossen sind und gerne Sushi essen. Er hätte auch mit Fischstäbchen beginnen können, doch da bei ihnen die Panade einen wesentlichen Teil des Geschmacks ausmacht, war ihm das nicht Herausforderung genug. Also standen zunächst Alternativen zu Lachs und Thunfisch auf dem Plan. Ein erstes Erfolgserlebnis hatte er bereits 2019 bei einer Messe in Bremerhaven. Dort hielten norwegische Lachsexperten sein veganes Produkt für das tierische Original.
Hier zahlte sich die langjährige Erfahrung der Produktentwicklung von Sterk Seafood aus, die schon früher innovative Wege gegangen war. Die Zutaten variieren je nach Sorte. Beim „Zalmon“ bilden Tapioka und Algen die Basis, bei den „Kalamariz“ dominiert Soja und bei den „Shrimpz“ spielt Kartoffelstärke eine wichtige Rolle. Das hat den Vorteil, dass sie in derselben Fritteuse wie Pommes zubereitet werden können. Mitgedacht wurde auch bei den Ersatzprodukten für Lachs und Thunfisch, deren Blockform kompatibel zu den für Sushi verwendeten Nori-Blättern ist. Stichwort Lachs: Besonders stolz ist Laurens auf eine Alternative, die zwölf Stunden geräuchert wird und möglicherweise zu Ostern 2024 auf dem Markt kommt.
Während das Know-how für die Produktentwicklung also in den Niederlanden vorhanden ist, sieht das bei der eigentlichen Herstellung noch anders aus. Dort wurde Vegan Zeastar nach gründlicher Recherche in Taiwan fündig, wobei die dort zum Einsatz kommenden Maschinen teilweise aus Deutschland stammen. Für das ostasiatische Land spricht momentan auch noch der trotz der weiten Transportwege günstigere Preis. Mittelfristig soll aber die Produktion nach Europa verlagert werden.
Vegan Zeastar hat inzwischen Geschwister bekommen
Beim Vertrieb konzentriert sich Vegan Zeastar auf das B2B-Geschäft, also auf Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und Großhandel. Mit einzelnen Produkten ist man auch schon international im Einzelhandel erfolgreich, beispielsweise mit „Vegan Lemon Shrimpz“ in Österreich. In der Testphase befinden sich momentan fertig zubereitete Sushi-Rolls, die im Idealfall Anfang 2024 in die Märkte kommen könnten. Mittlerweile beschränkt sich Sterk Seafood auch nicht mehr nur auf Alternativen zu Meeresgetier. Unter dem Namen Beastie Plants gibt es Fleischersatzprodukte, I Melt 4U macht Käse Konkurrenz und die Marke Vegan Junkstar bietet vegane Saucen.
Namensähnlichkeit besteht zu dem Restaurantunternehmen „Vegan Junk Food Bar“, die auch eine Filiale in Köln betreibt und ihren Mittelpunkt in Amsterdam hat. Bei ihr stehen regelmäßig Produkte von Vegan Zeastar auf der Speisekarte, eine ideale Möglichkeit zu testen, wie sie bei der Kernzielgruppe ankommen. Ein weiteres Marketinginstrument sind Workshops und Verköstigungen, die schon mal in Form einer Beachparty in Lemmer stattfinden können. Zudem laufen Pilotprojekte mit einer VW-Kantine in Österreich und einer Fischbudenkette. Das sind alles Schritte in die richtige Richtung, die dazu führen könnten, das Sterk Seafood eines Tages mehr Umsatz mit den Fischnachfolgern als mit echtem Fisch machen könnte. Von diesem Weg hat Laurens inzwischen seine anfangs skeptischen Brüder und den Vater überzeugen können. Bei den Sterks ist Tradition eben nicht mit Stillstand zu verwechseln.
Fotos: Vegan Zeastar