Gimme your Money – Crowdfunding mit LESSS
Dass Zucker in zu hohen Maßen ungesund ist, ist allgemein bekannt. Trotzdem ist häufig nicht einfach zu erkennen, in welchen Lebensmitteln zugesetzter Zucker enthalten ist, da er durch viele „Decknamen“ verschleiert werden kann. Das Startup Lesss will den ersten Onlineshop für zuckerarme Lebensmittel in Deutschland starten und neben verschiedenen Produkten auch Tipps und Tricks für eine gesündere Ernährung zur Verfügung stellen. Wir haben mit Lesss über die aktuelle Crowdfunding-Kampagne auf Startnext gesprochen.
Stellt euer Startup und eure Kampagne bitte kurz vor!
Wir sind Lesss, und wir gründen den ersten zuckerarmen Onlineshop in Deutschland. Entstanden ist die Idee aus unseren eigenen Versuchen, eine zuckerarme Ernährung im Alltag umzusetzen. Es reicht nämlich nicht, auf Süßigkeiten zu verzichten. Vielen Produkten im Supermarkt wird nämlich auch einfach so Zucker zugesetzt: Fertigmahlzeiten, eingelegtes Gemüse, Soßen und Brot sind hier nur einige Beispiele.
In unserem Pitch zeigen wir immer einen Beispieltag bestehend aus Frühstück, Mittag- und Abendessen, wie er bei jedem von uns aussehen könnte. Es ist dann ein Schock zu sehen, dass man nur über diese drei Mahlzeiten bereits mehr als 50 g Zucker zu sich nimmt. 50 g ist übrigens die Grenze, die von der WHO (World Health Organization) als absolutes Maximum an Zucker pro Tag festgelegt wurde, um zuckerbedingte Krankheiten zu vermeiden. Eigentlich empfiehlt sie sogar besser nur 25 g Zucker am Tag zu konsumieren. Die Menschen in Deutschland überschreiten diese Empfehlung durchschnittlich mit 93 g fast um das Vierfache, jeden Tag.
Wir haben inzwischen die Erfahrung, die es braucht, um auf eine zuckerarme Ernährung umzusteigen und auch durchzuhalten. Leider muss man dabei auf vieles verzichten. Es gibt gesunde Alternativen, aber die findet man nicht im Supermarkt. Im Internet gibt es zwar schon viele Angebote, aber die sind auf die Shops zahlreicher Anbieter verstreut. Deswegen haben wir uns entschieden, dieses Angebot zu bündeln. Damit es einen Anlaufpunkt für alle gibt, die sich zuckerarm ernähren möchten.
In unserer Kampagne geht es um die Finanzierung unseres ersten Produkteinkaufs. Da wir alle drei noch Studierende sind, gestaltet sich die Kapitalbeschaffung für uns leider besonders schwierig. Aber wir sind davon überzeugt, dass es ein Unternehmen wie Lesss braucht, um endlich eine gesunde Ernährung leichter zu machen und gegen zuckerbedingte Krankheiten wie Diabetes vorzugehen. Eine Zahl, die uns auch immer wieder schockiert: Inzwischen leiden 10 % der Menschen in Deutschland an Diabetes. Weitere 20 % an Prädiabetes, also ebenfalls an erhöhten Blutzuckerwerten. Deswegen geben wir alles, um unser Projekt zu verwirklichen. Die Kampagne ist hier unser erster Schritt, sowohl in die Öffentlichkeit als auch zur Finanzierung.
Wie lange dauert die Kampagne?
Unsere Kampagne läuft vom 15. März bis zum 19. April, also etwas über einen Monat. Man hört oft, dass eine kurze Kampagne besser ist, weil der Aufwand hoch ist und in der mittleren Phase eher weniger passiert. Wir haben aber auch schon mit Leuten gesprochen, die durch eine Verlängerung ihrer Kampagne um weitere 30 Tage das Doppelte einnehmen konnten. Wir glauben zwar nicht, dass das für uns notwendig sein wird. Es ist aber immer gut zu wissen, dass man diese Option theoretisch hat.
Hier geht’s direkt zur Kampagne auf Startnext.
Nach welchen Kriterien habt ihr euer Crowdfunding-Ziel definiert?
Bevor wir überhaupt über das Crowdfunding nachgedacht haben, haben wir schon erste Produktlisten erstellt, um die Kosten, die auf uns zukommen, abschätzen zu können. Jetzt haben wir eine erste Vorauswahl an Produkten getroffen, die wir gerne einkaufen würden, und damit unser erstes Ziel von 5.500 Euro definiert. Was wir an unserer Crowdfunding-Kampagne mögen, ist, dass wenn wir mehr Einnahmen generieren, auch wirklich ein Mehrwert für unsere Community entsteht. Auf unserer Seite auf Startnext haben wir zusätzliche Levels bis hoch zu 23.300 Euro aufgeschlüsselt, bei denen dann neue Produkte dazu kommen, die wir später in unserem Onlineshop anbieten werden.
Wie lange hat es gedauert, eure Crowdfunding-Kampagne an den Start zu bringen?
Zum Crowdfunding selbst haben wir uns erst Ende letzten Jahres entschieden, also nur wenige Monate. Vorausgegangen ist aber auch schon ein ganzes Jahr an genereller Vorarbeit für die Gründung, wie Tests am Markt und ein Auseinandersetzen mit dem Gesellschafts- und Steuerrecht, Finanzen und Marketing.
Wie aktiviert ihr eure Community?
Am Anfang versuchen wir einen Großteil unserer Community einfach über direkte Gespräche zu erreichen. Man kennt schließlich sehr viele Leute, die muss man alle erst einmal anschreiben. Das dauert seine Zeit. Zur Mitte der Kampagne planen wir dann eine Zusammenarbeit mit Influencern und das Verteilen von Flyern. Zum Ende hin werden wir für uns nochmal analysieren, welche Marketingmaßnahmen uns viel gebracht haben und uns verstärkt darauf konzentrieren.
Außerdem versuchen wir grundsätzlich ein Vertrauen zwischen uns und unserer Community herzustellen, indem wir nahbar sind, vielleicht mit Influencern vergleichbar, und gleichzeitig unsere Follower über das Thema Zucker aufklären.
Was sind eure größten Herausforderungen dabei?
Bei der Aufklärung stehen wir vor riesigen Herausforderungen. Die Zuckerindustrie agiert ähnlich wie schon die Tabak- und Ölindustrie im letzten Jahrhundert. Es werden zahlreiche Mythen in die Welt gesetzt, die verhindern, dass die Menschen auf eine gesündere, sprich zuckerarme, Ernährung umsteigen. Denn Zucker ist günstig und hat suchtähnliche Effekte, also eine wahre Goldgrube für jene, denen die Gesundheit der Menschen egal ist und nur auf Profit aus sind. Das Problem für uns ist, dass es oftmals sehr schwer ist, Menschen vom Gegenteil zu überzeugen, wenn sie jahrelang die gleiche Propaganda gehört haben.
Ich nenne mal zwei unserer beliebtesten Beispiele: Die Zuckerindustrie hat dafür gesorgt, dass die Menschen glauben, chemische Süßstoffe würden Krebs verursachen. Dabei wären solche Stoffe in der EU gar nicht als Lebensmittel zugelassen, wenn es auch nur den leisesten begründeten Verdacht dafür gebe. Gleichzeitig würde Zucker mit seinen bekannten gesundheitlichen Folgen, wenn man versuchen würde ihn heutzutage erst zuzulassen, niemals das Zulassungsverfahren bestehen.
Auf der anderen Seite versucht die Zuckerindustrie immer häufiger Zucker durch Honig, Kokosblütenzucker oder Trockenfrüchte zu ersetzen. Das wirkt zwar natürlicher, ist dem Körper aber völlig egal. Zucker bleibt Zucker. Deshalb wählen wir Produkte aus, die entweder keinen Zucker enthalten oder zuckerarm sind oder Alternativen wie Birkenzucker nutzen, falls es nicht anders möglich ist.
Welche Pitfalls sollte ein Food-Startup unbedingt vor dem Start der Kampagne bedenken und vermeiden?
Ich denke, was viele Startups wissen, ist, dass man für alles mehr Zeit einplanen muss als gedacht. Wir sind aber schon einige Male in die Falle getappt, in der uns schnelle Verfahren versprochen worden sind, diese sich dann aber letztlich doch ewig hingezogen haben. Das ist auch logisch, denn man hat viel weniger Geld zur Verfügung als große Firmen und sämtliche Dienstleister werden sich lieber erstmal das große Geld sichern. Ein Startup zu verlieren können sie sich leisten, vor allem weil man als Startup umgekehrt oft von ihren Angeboten abhängig ist. So wird man dann erstmal hintenangestellt. Wir haben deswegen jetzt angefangen, immer klare Deadlines zu kommunizieren und auch bei Menschen, die erstmal sympathisch und zuverlässig wirken, sehr oft nachzuhaken. Sonst wird man leider übergangen.
Wir wünschen viel Erfolg für die Kampagne!
Beitragsbild: Das Lesss-Team
Fotos: Niklas Hemker, Gero Schmidt