Von den Charts ins Supermarktregal
Immer mehr Rapper*innen entdecken den Lebensmitteleinzelhandel für sich und steigen in die Food & Beverage-Branche ein. Capital Bra brachte 2020 seine Tiefkühlpizza “Gangstarella” in die Regale, Rapperin Shirin David zog mit ihrem DirTea nach und Anfang dieses Jahres kündigt Luciano einen eigenen Fruchtsaft für 2022 an. Grund genug, um die Produkte der Musiker*innen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und die Verbindung zwischen Food und Rap zu beleuchten.
Die Zielgruppe ist schon vorhanden
Rap und Hip Hop werden als Musikgenres immer beliebter. In Deutschland hören allein 20 Millionen Menschen die Musikrichtung gerne und die Zahlen steigen. Vor allem in der jüngeren Zielgruppe ist das Genre extrem poulär und die Fans bringen eine hohe Kaufkraft mit. Dieses Potential wollen die Künstler*innen nicht ungenutzt lassen, sondern nutzen ihre Bekanntheit um das eigene Portfolio zu erweitern.
Capital Bra gehört in Deutschland zu den erfolgreichsten Rappern. Er ist aktuell der Künstler mit den meisten Nummer 1-Hits in der Geschichte der offiziellen Deutschen Charts und hat mit insgesamt 22 Top 1 Platzierungen schon die Beatles überholt. Aber nicht nur im Musikgeschäft ist der Rapper erfolgreich. Im Mai 2020 hat der Musiker seine erste eigene Tiefkühlpizza „Gangstarella“ (auch Capi-Pizza genannt) aauf den Markt gebracht und damit das erste Produkt eines Deutsch-Rappers im deutschen Lebensmitteleinzelhandel platziert.
Gangstarella und BraTee
Am 11. Mai 2020 erschienen die ersten zwei Geschmackssorten der Tiefkühlpizza, die „Gangstarella Rindersalami“ und „Gangstarella Grillgemüse“. Mittlerweile gibt es noch zwei weitere Varianten, Thunfisch und Sucuk. Die Letztere ist sogar halāl. Die Capi-Pizza ist in zahlreichen Supermärkten wie Rewe, Edeka und Kaufland zu finden und teilweise auch online bestellbar. Allerdings scheint es die vegetarische Variante aktuell nicht mehr im Verkauf zu geben.
Bei dem Verpackungs-Design hat sich das Team etwas ganz Besonderes überlegt. Um die Rapper-Pizza von der Masse im Tiefkühlregal abzuheben, wurde eine Verpackung im Look eines Pizzakartons entwickelt. Die Boxen sehen aus wie von der Pizzeria um die Ecke und damit nicht wie jede Standardverpackung. Auch die Zubereitungsempfehlung klingt, als hätte sie der Rapper selbst geschrieben: „Heiz deinen Ofen ein! Bra, nicht vergessen: Folien entfernen.“ Klingt im ersten Moment nach einem Produkt, dass nur für echte Fans geschaffen wurde, doch die Zahlen sprechen für sich. 2020 sollen allein 3,5 Millionen Pizzen verkauft worden sein. Laut Philipp Zwez, Mitglied der Geschäftsführung der Universal Music Group bei der Capital Bra unter Vertrag steht, sind der größte Teil der Kunden dabei keine Fans. Die Pizza wird also auch von Menschen gekauft, die vorher noch keine Berührungspunkte mit dem Künstler oder Rap Musik hatten.
Nach dem Erfolg der Tiefkühlpizza, hat Capital Bra nicht lang auf ein neues Produkt warten lassen. Im Februar 2021 wurde das Sortiment um den Eistee BraTee erweitert, den es in fünf verschiedenen Sorten gibt. Da der Rapper in seiner Kindheit einige Jahre in der Ukraine gelebt hat und auch die ukrainische Staatsbürgerschaft hält, soll in den nächsten Wochen eine „Stop Wars Edition“ erscheinen, deren Gewinne „an die Zivilgesellschaft der Ukraine“ gespendet werden sollen. Die Geschmacksrichtung und Release-Datum sind noch nicht bekannt.
Andere Künstler*innen ziehen mit eigenen Markenprodukten hinterher
Capital Bra ist nicht der einzige Rap-Star, der in der Food-Branche mitmischt. Seinem Vorbild nach haben auch andere Künstler*innen Eisteesorten auf den Markt gebracht, so wie Shirin David und Haftbefehl. Die Rapperin hat für ihre Marke DirTea mit der Krombacher-Tochterfirma Drinks & More zusammengearbeitet und hat bereits drei Produktvarianten im Regal. Den regulären DirTea, DirTea Zero und den Extra DirTea mit 5% Alkohol. Weitere Produkte scheinen in Planung zu sein.
Rapper Haftbefehl tut es den Kollegen gleich und veröffentlicht im September 2021 mit „Baba HafTea“ ebenfalls einen Eistee (siehe Beitragsbild). Allerdings unterscheidet er sich durchaus von den konkurrierenden Getränken, denn es handelt sich um einen Cannabis-Eistee mit zugesetzten Kush-Terpenen. Diese sollen zu einer entspannten Stimmung beitragen.
Die Liste der Produkte lässt noch lange weiterführen. Rapper rezzy hat mit Aldi einen Weißwein kreiert und hier eine elegante Branding-Verbindung hinbekommen. Der Wein trägt den Namen „Heartbreak Hotel“ in Anlehnung an sein Album „Weisswein & Heartbreaks“. Xatar hatte zunächst in Bonn seinen Imbiss Haval Grill eröffnet. Mittlerweile gibt es auch Filialen in München, Essen und sogar Dubai. Die dazugehörigen Köftespieße und Falafel findet man auch bei Aldi im Tiefkühlregal.
Erfolg der Produkte verändert die Denkweise
Das Macher-Mindset scheint in der in der Hip Hop und Rap Szene verankert. Man wagt lieber selbst was, als auf andere zu warten. Capital Bra konnte für seine Tiefkühlpizza zu Beginn keine der bekannten Marken für sich gewinnen. Zu groß war noch die Unsicherheit gegenüber der Produktidee und deren Erfolg. Der Künstler und sein Label gingen dann selbst in die Entwicklung. Doch in kürzester Zeit scheint sich diese Einstellung geändert zu haben, wenn jetzt sogar konservative Unternehmen wie Aldi auf den Erfolgszug mit aufspringen und die Produkte von reezy und Co. ins Sortiment aufnehmen.
Es ist damit zu rechnen, dass die Anzahl der Produkte, die von Rapper*innen im Supermarktregal stehen, in nächster Zukunft nicht etwa weniger, sondern mehr werden. Die kaufkräftige Zielgruppe der Produkte ist für Marken und Märkte zu wertvoll, um sich langfristig gegen diese Entwicklung zu stellen. Luciano, der neben Capital Bra, einer der beliebtesten Rapper in Deutschland ist, hat erst zu Beginn des Jahres einen eigenen Fruchtsaft angekündigt. Dabei will er die Fans auch teilweise in Entscheidungsprozesse einbinden und mit hinter die Kulissen der Produktion nehmen. Dadurch wird schon vor dem Release eine Verbindung vom Produkt zur Community erschaffen, die sich vermutlich in guten Verkaufszahlen äußern wird.
Wir sind gespannt welche Produkte noch auf den Markt kommen werden, wie diese performen und welche Künstler*innen noch in die Food Branche einsteigen werden.
Beitragsbild: CanLife Drinks GmbH