Meet our Mentor Christian Dieckmann – alles, was ihr für die Entwicklung eures Food-Produkts wissen müsst
In unserer Reihe „Meet our Mentors“ stellen wir heute Christian Dieckmann vor, der mit NUSO ein Beratungsunternehmen für die Food-Branche leitet. Er weiß genau, worauf es bei der Entwicklung eines erfolgreichen Produkts ankommt, von der Rezeptur bis zur Verpackung. Macht euch also gefasst auf ein Feuerwerk der Tipps und Tricks!
Im Prinzip ist NUSO eine One-Man-Show, bestehend aus dem Gründer und Geschäftsführer Christian Dieckmann. Allerdings greift er immer wieder auf das Know-how befreundeter Experten zurück, um einen möglichst umfassenden Service bieten zu können. Er selbst bringt vielfältiges Wissen schon aufgrund seiner Ausbildung mit, da er sowohl Ökotrophologie als auch Agrarökonomie studiert hat.
Erste berufliche Erfahrungen konnte er bei zwei Food-Startups sammeln. Eines versuchte, Produkte aus der Frucht des Afrikanischen Affenbrotbaums (Baobab) populär zu machen. Das andere setzte auf den Trend Beef Jerky. Wie bei Startups leider häufiger, lief dort längst nicht alles so wie gehofft. An Leidenschaft mangelte es dabei nicht, eher schon an dem nötigen Fachwissen. Das brachte Christian auf die Idee NUSO zu gründen. Der Name steht für „Nutrition Solutions“ und macht deutlich, worum es geht: Lösungen für Herausforderungen zu finden, denen sich Startups vor allem ganz am Anfang stellen müssen.
NUSO berät bei so essenziellen Fragen wie der Beschaffung von Rohstoffen, der Suche nach dem geeigneten Lohnhersteller, der passenden Verpackung oder der Entwicklung und Verbesserung von Rezepten. Auch rechtliche Belange kommen zur Sprache. Wir haben uns mit Christian unterhalten und dabei eine Fülle an Tipps und Tricks geboten bekommen. Die wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten und haben sie nach Themenschwerpunkten zusammengefasst.
Wie definiert man „lecker“?
Geschmack ist bekanntlich subjektiv und kein Produkt wird allen schmecken. Christian ermutigt deshalb Startups, nicht unbedingt die große Masse ansprechen zu wollen und dabei zu gefällig zu werden. Daher kann es ein Vorteil sein, auch und gerade in Sachen Geschmack ein Alleinstellungsmerkmal anzustreben. Bei einem Geschmackstest sollte man sich allerdings nicht auf das Urteil von Freunden und Familie verlassen, besser sind unbeteiligte Probanden. Dabei ist es wichtig, alle Kriterien im Vorfeld genau mit möglichst offenen Fragen zu definieren. Bei der Kaufentscheidung können manchmal scheinbare Nebensächlichkeiten wie der „Knack“ einer Schokolade eine Rolle spielen. Für die weitere Bewertung und Optimierung empfiehlt sich eine Skala von 1 bis 5. Bei NUSO finden solche Tests in bis zu fünf Durchgängen statt, idealerweise jeweils mit einem aufgrund der Resonanz verbesserten Produkt. Das kann bis zu zwei Monate in Anspruch nehmen. Besonders wenn man bei der Prototypenentwicklung schon gleich auf Lohnhersteller angewiesen ist.
Was ist bei der Verpackung zu beachten?
Nachhaltige Verpackungen aus kompostierbaren oder recyclebaren Materialien werden immer beliebter und sind auch für den Handel wichtig. Ihr Nachteil kann jedoch sein, dass sich dadurch die Haltbarkeit etwas reduziert. Hier gilt es, den besten Kompromiss zu finden. Besonders vorteilhaft sind Verpackungen, die nur aus einem einzigen Material bestehen. Natürlich muss eine Verpackung auch vom Lohnabfüller verwendet werden können und die verschiedenen Stationen der Lieferkette heil überstehen. Beim Design kommt es darauf an, eine zum Produkt passende Stimmung zu verbreiten. Klare Logos, klare Aussagen und nicht zu viel Schnickschnack sind ebenfalls von Vorteil. Die Kunden müssen in der Lage sein, auch noch aus drei Meter Entfernung zu erkennen, worum es geht.
Was sind die Megatrends und wie sollten Startups darauf reagieren?
Ständige Veränderungen gehören bei jedem Unternehmen, das erfolgreich sein will, unbedingt dazu. Das gilt für Startups ebenso wie für große Konzerne. Seitdem Zuckerreduzierung zu den wichtigsten Ernährungsstrategien zählt, bieten immer mehr Produzenten von Erfrischungsgetränken ihre Klassiker in einer zuckerfreien Version an. Folgende Megatrends können bei der Weiterentwicklung von Lebensmitteln relevant sein:
- Ein gesundheitlicher Mehrwert durch mehr Proteine, weniger Zucker usw.
- Vegane und vegetarische Alternativen zu Fleischprodukten. Hier haben sich sowohl Akzeptanz als auch Qualität in den letzten Jahren enorm gesteigert.
- Nachhaltigkeit mit all ihren Facetten.
- Clean Label – ohne Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker. Je kürzer und verständlicher die Zutatenliste, desto besser.
Welches sind die Produkttrends von gestern und von morgen?
Nicht alle Trends setzen sich auf Dauer durch. Hier sind drei Produkte, bei denen der Hype bereits abgeklungen ist:
- Exotisches Superfood. Hält nicht immer, was es verspricht, und ist durch den weiten Transportweg nicht die umweltfreundlichste Lösung.
- Beef Jerky.
- Avocado. Hier haben die Anbaumethoden und der hohe Wasserverbrauch für negative Schlagzeilen gesorgt.
Und diese Produkte könnten sich in naher Zukunft durchsetzen:
- Adaptogene. Vor allem Nahrungsergänzungsmittel, die die Psyche positiv beeinflussen.
- Hard Seltzer. Zuckerfreie und kalorienarme Getränke ähnlich der bekannten Alkopops, aber ohne die lästige Steuer.
- Alkoholfreie Alternativen zu Spirituosen. Zwei Anbieter davon haben gerade bei unserem FIC 2020 Food Award die Preise abgeräumt.
- Alternativen zu Alternativen. Sojamilch zum Beispiel ist inzwischen allgemein bekannt, doch es lassen sich auch Milchalternativen aus anderen Pflanzen gewinnen, die möglichst noch umweltfreundlicher und gesünder sind.
Was macht allgemein ein innovatives Produkt aus?
- Neue Rohstoffe.
- Neue Herstellungstechniken.
- Frische und Haltbarkeit ohne Konservierungsstoffe.
- Neue Funktionen (siehe Adaptogene).
- Neue Formate und Darreichungsformen. Das ist die schwierigste Disziplin. Ein Beispiel ist air up, das Wasser über den Geruchssinn Geschmack verleiht.
Wie kann ich auf mein regionales und nachhaltiges Produkt aufmerksam machen?
Nicht jedes neue Produkt ist wirklich innovativ, aber auch eine nachhaltige und regionale Herstellungsweise kann ein hervorragendes Alleinstellungsmerkmal sein. Oft sind diese Produkte aber teurer als der Durchschnitt und daher erklärungsbedürftig. Auch ist Nachhaltigkeit nicht immer in allen Bereichen möglich. Hier gilt es, kompromissbereit und ehrlich zu sein und seine Geschichte über die sozialen Medien zu erzählen. Bei der Verpackungsgestaltung sollte auf jeden Fall ein Hinweis wie „Aus der Region“ oder besser noch eine genaue Herkunftsbezeichnung nicht fehlen, um den Kunden schnell den Mehrwert des Produktes begreiflich zu machen.
Noch mehr Tipps von Christian Dieckmann
- Klärt rechtzeitig, ob sich das Produkt, das ihr in kleiner Menge entwickelt habt, auch in großen Chargen herstellbar ist.
- Versucht, euer Produkt möglichst lange haltbar zu machen, ohne dass die Qualtiät darunter leidet. Dabei spielen beispielsweise die Rezeptur, der Feuchtigkeitsgehalt, die Verpackung und vor allem die Frage, ob gekühlt oder ungekühlt, eine Rolle.Vereinbart Vertraulichkeit mit eurem Lohnabfüller bezüglich der Rezeptur.
- Startups benötigen zumindest anfangs nur kleine Mengen von bestimmten Rohstoffen. Beschaffungsgemeinschaften können da eine Lösung sein. Die Alternative ist ein Vertrag, bei dem ihr im Erfolgsfall größere Abnahmemengen versprecht.
- Und am allerwichtigsten: Kennt die Erwartungen eurer angestrebten Zielgruppe! Je früher ihr dazu Marktforschung betreibt, desto besser. Das bewahrt euch vor der Gefahr, mit den besten Absichten in die völlig falsche Richtung zu marschieren.
Fotos: Nuso