Weihnachtsgeschenk bringt Schüler zum Gründen von Die Ölfreunde
Ein Schüler als Startup-Unternehmer – das ist immer eine gute Geschichte. Wenn sie wie bei Die Ölfreunde dann auch noch zu Weihnachten beginnt und feine Speiseöle zum Thema hat, ist sie genau die richtige Geschichte für das Food Innovation Camp.
Andere Kinder und Jugendliche bekommen eine Playstation geschenkt – bei Paul Belthle war es Weihnachten 2018 eine Ölpresse. Paul, damals zwölf Jahre alt, experimentierte gern mit allerlei Essbarem herum und nahm dafür regelmäßig die Familienküche in Beschlag. Da der Junge schon immer eine Schwäche für edle Salatöle hatte, kam Vater Jürgen auf die Idee mit der Ölpresse und schlug so zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Sohn hatte ein neues Betätigungsfeld und die Küche war wieder frei.
Aus dem Hobby wurde schnell ein Geschäft
Jürgen betrieb nämlich nebenher eine kleine Schnapsbrennerei, die auch Platz für die neue Maschine bot. Die nahm Paul auch umgehend in Betrieb und schon rund eine Woche nach Weihnachten konnte er seine erste Flasche verkaufen. Als Rohstoffe verwendete er zunächst Sonnenblumenkerne und Rapssaat, konzentrierte sich dann aber bald auf Rapsöl, da ihm der leicht nussige Geschmack mehr zusagte.
Regionalität ist Trumpf bei dem Startup Die Ölfreunde, das sich rasch aus Pauls Hobby entwickelte. Die Saat bezieht er von landwirtschaftlichen Betrieben aus der Region Obere Donau im Süden Baden-Württembergs. Dort fanden auch die ersten Verkäufe statt, etwa an der Milchtankstelle eines Bauernhofs oder in einzelnen Lebensmittelmärkten. Inzwischen hat Die Ölfreunde einen eigenen Hofladen, in dem auch Produkte von anderen Anbietern zu kaufen sind.
Corona-Krise und Medienpräsenz halfen beim Aufstieg der Ölfreunde
Einen großen Schub bekam das Startup durch die Corona-Krise, wobei sich ein Unglück zum Guten wenden lies. Die Belthles betrieben nämlich eine Jugendherberge, der wegen der Pandemie die Gäste ausblieben. Die freigewordene Arbeitskraft floss in den Aufbau von Die Ölfreunde ein, das jetzt zu einem echten Familienunternehmen wurde. Hilfe kam auch von einem Touristen, der aus Pauls Geschichte einen Presseartikel machte, der weitere Berichterstattung zur Folge hatte. Sogar das populäre ProSieben-Magazin Galileo brachte einen Fernsehbeitrag.
Kein Wunder, dass die Nachfrage bundesweit rasant anstieg. Mittlerweile gibt es Die Ölfreunde in rund 500 Verkaufsstellen, sogar auf der Nordseeinsel Helgoland. 2021 verfünffachte sich der Umsatz gegenüber dem Vorjahr auf etwa eine Million Euro. Die Einnahmen fließen direkt in das Unternehmen, etwa die Anschaffung weiterer Ölmühlen, denn hergestellt wird nach wie vor im heimischen Betrieb. Zum Angebot gehören auch Mehl, Proteinpulver und Tierfutter aus den Resten, die bei der Ölproduktion übrigbleiben.
Im Mittelpunkt bleiben aber natürlich die Öle, mittlerweile in zwölf Sorten. Rapsöl gibt es pur oder angereichert mit Knoblauch, Chili, Kräutern und anderen natürlichen Geschmacksverstärkern. Hinzugekommen sind Leindotteröl, Schwarzkümmelöl und Hanföl, vieles davon in Bio-Qualität. Die günstigste Sorte kostet 5,79 für den halben Liter, mehr als das Speiseöl aus der Massenproduktion, aber für kaltgepresste Ware ein durchaus marktüblicher Preis. Pauls Anspruch ist es, Öle anzubieten, die jedem gefallen.
Gründer Paul hat nicht nur Die Ölfreunde im Kopf
Inzwischen ist der junge Gründer zwar schon 15, aber von der Volljährigkeit eben noch ein gutes Stück entfernt. Die Geschäftsführung übernimmt deshalb offiziell Vater Jürgen, Entscheidungen werden im Familienkreis besprochen und im Zweifelsfall hat Paul das letzte Wort. Das Unternehmen soll weiter wachsen, ohne seine positiven Merkmale zu verlieren: nährstoffreiche und schmackhafte Produkte, regionale Lieferanten und damit faire Konditionen und ein geringer CO2-Fußabdruck.
Auch wenn Die Ölfreunde einen großen Teil seiner Zeit beanspruchen, vernachlässigt Paul die Schule deshalb nicht. Das Abitur will er auf jeden Fall machen und danach eine Schreinerlehre absolvieren. So wäre er solide abgesichert, sollte sein Food-Startup nicht mehr so gut laufen wie bisher. Danach sieht es im Moment nicht aus, hat er doch in kurzer Zeit eine Marke mit hohem Wiedererkennungswert geschaffen.
Dazu trägt Paul auch mit seinem Hut bei, den er in der Öffentlichkeit fast immer auf dem Kopf hat. Der ist kein Marketinggag, sondern ein Erbstück von seinem Urgroßvater, der ihn früher getragen hat. Das hat Paul so gut gefallen, dass er diese Tradition übernommen hat. Familie wird eben bei Die Ölfreunde in vieler Hinsicht ganz groß geschrieben.
Fotos: Die Ölfreunde