Gimme your Money – Crowdinvesting mit Vytal
Das Mehrweg-Startup Vytal betreibt eine pfandfreie Mehrwegplattform für To-Go-Verpackungen. Das Ausleihen und Zurückgeben der To-Go Becher oder -Boxen funktioniert für die Kund:innen einfach per App. Angetrieben von der kommenden Mehrwegangebotspflicht ab 2023 startete Vytal am 22. November eine Crowdinvesting-Kampagne auf der Plattform WIWIN. Erfahrt in diesem Beitrag mehr über die Kampagne.
Stellt euer Startup und eure Kampagne bitte kurz vor!
Wir sind Fabian, Sven und Tim und wir haben uns als Kollegen in einem großen Strategieberatungsunternehmen kennengelernt. Essen in Einwegverpackungen gehörte damals zu unserem Lebensalltag. Das schlechte Gewissen in Anbetracht der überquellenden Büromülleimer sowie die Gewissheit, dass Einwegverpackungen enorm zur Verschmutzung unserer Umwelt beitragen, war der Anstoß, eine bessere Lösung für Take-Away zu entwickeln. Wir haben Vytal gegründet, um Einwegverpackungsmülls den Kampf anzusagen – und das global.
Das Besondere an Vytal sind nicht unsere hochwertigen Essen- und Getränkebehälter. Wir unterscheiden uns durch unseren digitalen und dadurch nachhaltigeren Ansatz. Wir setzen auf die Beschleunigung des Nutzungskreislaufs, in dem Behälter im Sinne der Circular Economy genutzt, gereinigt und schnell wiederverwendet werden können. Erst durch die schnelle Wiederbenutzung werden insgesamt weniger Behälter im System gebraucht und damit weniger Ressourcen gebunden. Durch kurze “Standzeiten” wird der Kreislauf effizienter und besonders ressourcenschonend. Das Beste ist, Nutzer:innen können Vytals kostenfrei ausleihen und müssen ausschließlich eine Sicherheit hinterlegen. Sofern der Behälter innerhalb von 14 Tagen bei einem unserer Partner-Restaurants zurückgegeben wird, entstehen keine Kosten. Die Restaurants finanzieren das „System“ durch eine faire Befüllungsgebühr, die oft sogar unterhalb des Preises einer Einwegverpackung liegt und nur anfällt, wenn auch wirklich Einwegverpackungen durch Vytals ersetzt werden. Es gibt keine monatliche Grundgebühr für die Behälter und keine Kosten für Nachlieferungen.
Ende November starten wir eine Crowdinvesting Kampagne, bei der die Möglichkeit besteht, Vytal mit einem Investment zwischen 250 € und 25.000 € zu unterstützen. Neben unserer Umweltwirkung, die durch die Menge eingesparter Einwegverpackungen jeden Tag mitverfolgt werden kann, erhalten Crowdinvestor:innen dafür einen attraktiven Zinssatz auf ihr investiertes Geld.
Wie lange dauert die Kampagne?
Anfang November geben wir die Eckdaten (Vytal Kennzahlen, Konditionen, Finanzierungsziel und Mittelverwendung) bekannt. Ab dem Launch-Day, dem 22. November 2022, kann bei uns investiert werden. Die Kampagne könnte bereits nach wenigen Tagen beendet sein, wenn wir unser Finanzierungsziel schnell erreichen. Das hängt stark von unserer Community und der Begeisterung ab, die wir bis dahin erzeugen können.
Nach welchen Kriterien habt ihr das Crowdinvesting-Ziel definiert?
Hierzu werden wir mehr Details im Rahmen der Crowdinvesting-Broschüre, Abschnitt Mittelverwendung, Anfang November preisgeben. In erster Linie soll uns die Crowd helfen, die gestiegene Nachfrage nach unseren Behältern zu finanzieren, um noch mehr Gastro-Unternehmen 2023 an uns anschließen zu können. Uns ist aber noch wichtiger, dass mit der Crowd eine Gruppe an Vytal Botschafter:innen entsteht, die zum einen an uns glauben und zum anderen dazu beitragen, Mehrweg zum neuen Standard zu machen.
Ebenso möchten wir von der Crowd lernen, wie wir uns kontinuierlich verbessern können. Wir sind stark davon abhängig, dass unser Produkt einfach, praktisch und benutzerfreundlich bleibt. Wir hoffen, dass die Crowd uns hilft, unser System in ganz Deutschland zum Standard zu machen, uns in Europa zu verbreiten und hoffentlich irgendwann weltweit einen großen Beitrag zu leisten, unseren Planeten und seine Ressourcen zu schonen. Die Investor:innen sollen ab sofort mithelfen, die Botschaft zu verbreiten, dass jedes Restaurant Mehrweg anbieten und sich jeder Mensch aktiv gegen Einwegverpackungen entscheiden sollte.
Wie lange hat es gedauert, eure Crowdinvesting-Kampagne an den Start zu bringen?
Bereits im Rahmen unserer letzten großen Finanzierungsrunde im März 2022 haben wir darüber diskutiert, wann der richtige Zeitpunkt wäre, um die „breite Bevölkerung“ finanziell in unsere Mission zu integrieren. Auch wenn wir keinen akuten Finanzierungsbedarf haben, sind unsere Investor:innen und Gründer schon lange angetan von der Idee, unsere Nutzer:innen stärker zu involvieren. Seit diesem Sommer spüren wir in Deutschland eine enorme Beschleunigung im Bereich Mehrwegessensverpackung und Heißgetränkebehälter.
Das liegt auch daran, dass sich die die Gesetzeslage zum 1. Januar 2023 für Restaurants ändern wird. Zum Jahreswechsel werden mittlere und größere Gastro-Betriebe dazu verpflichtet, eine Mehrwegoption für Mitnahmeessen und -getränke anzubieten. Dies gibt uns enormen Schub vorwärts, sodass wir uns im August entschieden haben, eine Crowdinvesting-Kampagne zu wagen. Seither bereiten wir uns auf den Launch vor und sind sehr gespannt, wie unsere Community darauf reagieren wird. Wir haben bereits jetzt mehrere Tausend Interessent:innen auf unserem Crowdinvesting-Newsletter.
Welche Zielgruppe wollt ihr mit der Kampagne ansprechen?
Wir möchten alle Menschen ansprechen, die einen Teil ihres Kapitals in ein junges digitales Unternehmen mit einer klaren Mission investieren wollen, nämlich die Welt von Einwegverpackungsmüll zu befreien. Gleichzeitig werden wir auch finanzielle Anreize für unsere Anleger:innen bieten, da unsere Unternehmensziele durchaus ambitioniert sind und sowohl Gastro-Unternehmen als auch die breite Bevölkerung noch überzeugt werden muss, dass Mehrweg der ökologisch und ökonomisch bessere Weg ist. Wer das erkannt hat, weiß auch, dass unser Potenzial nahezu unbegrenzt ist und unsere Lösung global relevant ist. Wir suchen also Unterstützer:innen, die diese globale Vision mit uns teilen und unsere Ziele mit uns erreichen möchten.
Wie aktiviert ihr eure Community?
Unsere stetig wachsende Community von über 330.000 registrierten Nutzer:innen ist unsere größte Stärke und der Beweis, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir sind durch unsere App eng mit ihnen verbunden und nutzen die Vytal App, um Vytalists über Neuerungen im System zu informieren und unter anderem auch für ein Investment zu begeistern. Darüber hinaus verwenden wir die üblichen Kanäle, wie Presse, Newsletters und Social Media, um über die Kampagne zu informieren und Interesse an Vytal zu wecken. Wir verfügen bereits heute über ein starkes Netzwerk an Partner:innen in der Gastronomie, die ebenfalls bereit sind mit uns den Mehrweg zu gehen. Auch sie pushen das System Vytal in ihren Netzwerken.
Was sind eure größten Herausforderungen dabei?
Mittlerweile sind wir nicht der einzige Anbieter in Deutschland. Auch andere Startups haben erkannt, dass Deutschland aufgrund der Gesetzgebung zur Mehrwegangebotspflicht und aufgrund der Vertrautheit mit dem deutschen Flaschenmehrwegsystem, aktuell führend ist im Bereich Mehrwegessensverpackungen. Es liegt also nahe, dass in Deutschland früher oder später auch der globale Champion im Bereich Mehrwegverpackungssysteme entstehen wird. Deshalb buhlen aktuell schon mehrere, teilweise auch nicht-digitale Konzepte, um die Gunst der Nutzer:innen. Ebenso versuchen sich einige Gastro-Betriebe daran, eigene Lösungen zu etablieren. Unsere größte Herausforderung ist es, die Vorteile eines offenen Mehrwegsystems und die Effizienz eines digitalen Systems neuen Restaurants zu erklären. Vermeintlich einfachere Lösungen, die z. B. von Nutzer:innen ein Pfand verlangen, sorgen dafür, dass sich Behälter im Schrank stapeln und bieten keinen Anreiz, das Mehrweggeschirr schnell zurück zu bringen. Dementsprechend ist die Anbieterlandschaft in Deutschland bereits heute schwer überschaubar und es wird sich zeigen müssen, welches System von der Mehrheit angenommen wird.
Wir sind trotzdem froh, dass es diesen Wettbewerb gibt. Die Konkurrenz spornt uns an, unser System ständig weiter zu entwickeln und trägt insgesamt dazu bei, dass wir uns als Gesellschaft von dem unsäglichen Einwegmüll verabschieden.
Welche Pitfalls sollte ein Startup unbedingt vor dem Start der Kampagne bedenken und vermeiden?
Wer hätte es gedacht… Eine Crowdinvesting-Kampagne nimmt in der Planung und Durchführung sehr viel Zeit in Anspruch. Wir sind selbst noch nicht am Ende und lernen täglich dazu. Wir haben im Vorfeld mit anderen Startups gesprochen. Sie waren letzten Endes begeistert, aber auch maßlos erschöpft vom Prozess. Gleichzeitig ist die Anbieterlandschaft, die dabei unterstützen könnte, noch sehr klein. Wie so oft, kommt der Trend aus den USA und etablierte Plattformen sind hierzulande noch nicht sehr bekannt. Deshalb ist es wichtig zu klären, ob man überhaupt den Zugang zur Crowd aufbauen kann. Mit einem einfachen Social Media Post ist es wahrscheinlich noch nicht getan.
Ebenso ist schon früh die Frage zu klären, ob das Geschäftsmodell „Crowd-fähig“ ist… sprich, ist ein(e) Produkt(idee) vorhanden, die man schon vermarkten kann? Ist das Unternehmen in der Lage, sich vollumfänglich in der Öffentlichkeit zu präsentieren oder gibt es (noch) ernsthafte Zweifel am Geschäftsmodell? Stehen genug interne Ressourcen zur Verfügung, um das Geschäftsmodell plus Finanzplanung darzustellen und ist auch genug Kapazität für das Marketing vorhanden? Hier muss die Führungsriege ganz klar „ja“ sagen können und alle Mitarbeiter:innen auf die Reise mitnehmen.
Wir haben uns bei der Anbieterauswahl früh für die Nachhaltigkeits-orientierte Online-Plattform WIWIN entschieden. Das ebenfalls junge Unternehmen aus Mainz hat sich einen Ruf mit der Finanzierung von erneuerbaren Energien und energieeffizienter Immobilienprojekte aufgebaut. Sie haben mittlerweile auch über ein Dutzend Green-Startup-Finanzierungen geplant, umgesetzt und begleiten diese nun. Wir sind froh einen Partner gefunden zu haben, dessen Antrieb es ebenfalls ist, eine nachhaltige Welt zu erschaffen und vermittelt eben dafür spannende Finanzierungen aus der Crowd. Die Kampagne bei Vytal läuft erst noch an, deshalb bleibt abzuwarten, welche Fallstricke noch auf uns warten. Weltweite Verunsicherung drückt auch uns auf den Magen. Wir wagen uns trotzdem raus und suchen jetzt mutige, umweltbewusste Anleger:innen, die mit uns Mehrweg zum Standard machen wollen.
Fotos: Vytal