Lebensmittel aus dem Labor: kultiviertes Rind, Hähnchen und Schweinefleisch
Kultivierte und zellbasierte Fleisch-, Fisch- und Milchprodukte können in den nächsten Jahrzehnten den Lebensmittelmarkt revolutionieren. Sie werden als mögliche Lösung für Probleme wie die umweltschädlichen Auswirkungen der industriellen Tierzucht angesehen. 2013 präsentierte Mosa Meat den ersten Rindfleischburger aus kultivierten Stammzellen. Seitdem sind viele weitere Unternehmen dazugekommen: mittlerweile soll ihre Anzahl auf rund 70 angewachsen sein. Über die erfolgreichsten davon berichten wir in diesem Beitrag.
Die Pioniersorte: kultiviertes Rindfleisch
Kultiviertes Rindfleisch bleibt im Laufe der Jahre die wichtigste Fleischsorte auf dem zellbasierten Markt. Das Unternehmen Mosa Meat, dessen Team 2013 den ersten Labor-Burger präsentierte, spezialisiert sich auf die Herstellung von Rinderhackfleischprodukten. Aktuell konzentriert es sich auf Asien und plant, kultiviertes Fleisch in knapp einem Jahr auf den singapurischen Markt zu bringen.
Das israelische Unternehmen Steakholder Foods, ehemals MeaTech, stellt ebenfalls Rindfleisch her, wobei es seine eigene 3D-Bioprinting-Technologie dafür entwickelt hat. Vor kurzem hat das Unternehmen die Entwicklung eines Omakase Beef Morsels angekündigt. So werden kleine Rinderhäppchen bezeichnet, die im neuen 3D-Verfahren gedruckt werden und dem Geschmack und der Textur von Wagyu-Rindfleisch nahekommen sollen.
Ein anderes israelisches Unternehmen, Aleph Farms, gehört ebenfalls zu den Vorreitern auf dem Gebiet. So hat das Unternehmen 2018 das erste kultivierte Rindersteak, 2019 das erste im Weltraum kultivierte Fleisch und 2021 das erste kultivierte Ribeye-Steak produziert. Das Startup widmet sich zukünftig außerdem der Entwicklung von kultivierten Kollagenen, die aktuell aus Rindern oder Schweinen gewonnen werden.
Als erstes im Verkauf: Labor-Hähnchen
Eine besondere Position auf dem Markt hat kultiviertes Hühnerfleisch. Das US-Unternehmen Eat Just verkauft unter der Marke GOOD Meat Hühnerfleisch, das in Singapur vor knapp zwei Jahren als weltweit erstes seiner Art zugelassen wurde und in einigen Restaurants und über einen Lieferdienst erhältlich ist. Das Unternehmen stellt auch Eiprodukte auf pflanzlicher Basis her und arbeitet an der Entwicklung weiterer Fleischsorten.
Doch nicht nur in Singapur wird das Hühnerfleisch bald erhältlich sein. Diesen Monat hat die US-amerikanische Aufsichtsbehörde das Labor-Hähnchen von UPSIDE Foods genehmigt. Dies bedeutet, dass kultivierte Fleischprodukte bald der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen könnten, auch wenn die ersten Verkostungen wahrscheinlich auf eine kleine Anzahl exklusiver Restaurants beschränkt sein werden.
Die weltweit erste industrielle Produktionsanlage für kultiviertes Fleisch wurde letztes Jahr in Israel eröffnet. Die Fabrik soll eine Produktionskapazität von 500 kg pro Tag haben. Das lokale Unternehmen Believer produziert aktuell kultiviertes Hähnchen und arbeitet an der Entwicklung weiterer Fleischsorten.
Schweinefleisch, Tierfett und Känguru
Das niederländische Unternehmen Meatable war eines der ersten Startups, das Rinderserum ersetzen und gleichzeitig die Geschwindigkeit und die Kosten für sein im Labor gezüchtetes Fleisch verbessern konnte. Aktuell spezialisieren sie sich auf Schweinefleisch. Letzen Monat ist Meatable eine Partnerschaft mit dem einzigen kommerziell lizenzierten Hersteller von kultiviertem Fleisch ESCO Aster eingegangen. Im Rahmen der Partnerschaft werden die beiden Unternehmen zusammenarbeiten, um kultiviertes Schweinefleisch zu produzieren, mit dem Ziel, es 2024 für die Einführung in ausgewählten Restaurants bereitzustellen.
Das australische Unternehmen Vow kommt ebenfalls bald auf den Markt. Unter der Marke Morsel wird bis Ende dieses Jahres kultiviertes Fleisch der Umami-Wachtel in Restaurants in Singapur angeboten werden. Vow wurde im April 2019 gegründet und stellte im selben Jahr das weltweit erste kultivierte Kängurufleisch vor. Somit ist es das erste Unternehmen, das Fleisch aus Zellen nicht-domestzierter Tiere züchtet. Aktuell forschen die Australier an der Entwicklung vom Fleisch aus ungewöhnlichen Arten wie Känguru und Alpaka – insgesamt zählt die genetische Bibliothek des Unternehmens 22 verschiedene Tierarten.
Mission Barns aus Kalifornien hat zwar auch einige Fleischsorten entwickelt, doch fokussiert man sich dort auf die Entwicklung von im Labor gezüchteten Fett. Denn das aktuell produzierte Labor-Fleisch besteht bisher im Wesentlichen aus reinem Eiweiß. Mission Barns stellt im Labor gezüchtetes tierisches Fett her, das dem traditionellen Fleisch aus dem Labor hinzugefügt wird. Als Ergebnis soll ein Produkt entstehen, welches das Mundgefühl und den Geschmack von herkömmlichem Fleisch besonders gut imitiert.
Fotos: Mosa Meat, David Parry/PA, UPSIDE Foods